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März 2015

Gastbeitrags-Serie „Kommunikation und Recht“

In unserer Gastbeitrags-Serie „Kommunikation und Recht“ berichten erfahrene Juristen exklusiv für unsere Leser über die Herausforderung, öffentlich gut zu kommunizieren und geben dazu wertvolle Tipps.

Diesmal: Der (frühere) Stellv. Chef des Bundespresseamtes, Dr. Herbert Mandelartz. Er war zuvor u.a. Verwaltungsrichter, Innen-Staatssekretär im Saarland und Abteilungsleiter im Bundespresseamt (BPA).

Wie sag ich‘s meinem Kinde?

Von Dr. Herbert Mandelartz, Stellvertretender Leiter des Bundespresseamtes A.D.

Dr. Herbert Mandelartz, Stellvertretender Leiter des Bundespresseamtes A.D.

Kinderpressekonferenz. Das klingt nach heiterem Gelächter, lustigen Fragen und großen Augen. Und so ist es auch - zumindest, wenn man sich auf Seiten der fragenden Kinder befindet. Vor einigen Jahren beschlossen wir im Bundespresseamt (BPA) zum „Tag der Offenen Tür“ eine Mini-PK anzubieten.

Das simple Prinzip: Kinder fragen, BPA-Mitarbeiter antworten. Die Resonanz beim Nachwuchs ist hervorragend. Im Presseamt gilt die Kinderpressekonferenz dagegen als kleiner „Achttausender“. Denn die Kinder formulieren nicht nur klare Fragen, sie verlangen auch klare Antworten. Nicht immer das Leichteste, wenn man schon über Jahre mit der juristischen Denke unterwegs ist.

„Hat die Kanzlerin Kinder gern?“ fragte mal ein Kind. Die Antwort des BPA-Mitarbeiters geriet etwas unglücklich: Verstieg er sich doch umgehend in einer Aufzählung der Leistungen der Bundesregierung für Kinder und Jugendliche. Als er dann noch auf die Frage, was denn die Kanzlerin monatlich verdiene, breit den Unterschied von Beamten- und Angestelltenbesoldung erläuterte, war nichts mehr zu retten.

Die BILD-Zeitung druckte ihren „Verlierer des Tages“ tags drauf auf die Titelseite.

Als Stellvertretender Chef des BPA stand auch ich den Kindern mehrfach Rede und Antwort. Soviel Freude es jedes Mal machte, so sehr war ich anschließend auch erschöpft. Es kostete Kraft und Konzentration klar, richtig und leicht verständlich zu antworten. Aber ich empfand die Auftritte stets als gute Schule und überlegte, solche PKs in unser Fortbildungsprogramm aufzunehmen.

Persönlich bin ich der Meinung, dass die Beziehung von Recht und Kommunikation nicht besonders eng ist – wenn denn überhaupt eine Beziehung besteht. Dies zeigt sich darin, dass Rechtsproduzenten und -anwender die Adressaten zu wenig im Blick haben. Nach mehrmaligem Lesen ist man vielleicht in der Lage, das (inzwischen aufgehobene)

„Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz“

fehlerfrei auszusprechen. Aber auf die Bedeutung von Job-AQTIV-Gesetz kommt auch ein Jurist nach mehrmaligem Nachdenken nicht. Hier die Auflösung:

„Gesetz zur Reform arbeitsmarktpolitischer Instrumente – Aktivieren, Qualifizieren, Trainieren, Vermitteln“

Zu guter Letzt: Auch vermeintlich „leicht les- und verstehbare“ Gesetze, etwa aus dem Steuer- oder Rentenrecht, kann man nur nach mehreren Semestern Jura verstehen:

„Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben“, § 13 b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 des ErbStSchG.

Und wie sieht es bei den Rechtsanwälten aus, bei denen die Kommunikation zum Handwerkszeug gehört? Sie sind in der Lage im Gerichtssaal eine Stunde oder länger zu plädieren. Bei der Kommunikation mit dem Mandanten hapert es dann aber häufig. Im Gespräch versteht der Mandant wenig, möchte aber nicht als Dummkopf dastehen. Und Sätze der zwischen zwei Terminen diktierten Antwort verlaufen schnell mal im Nichts.

Alles Gründe, warum Universitäten verstärkt Veranstaltungen wie „Juristische Rhetorik“ oder „Recht und Kommunikation“ anbieten. Auch ich habe viele Jahre an der Humboldt-Universität ein solches Seminar geleitet, um Studierende zu sensibilisieren. Hat es was bewirkt? Gerade erst hat die Sprachwissenschaftlerin Ina Pick das anwaltliche Mandantengespräch untersucht. Unter dem Titel „Linguistische Ergebnisse zum sprachlichen Handeln von Anwalt und Mandant“ kommt Pick zu dem ernüchternden Fazit, dass dies – trotz aller Anstrengungen von Studierenden und Lehrenden - leider nicht reicht. Also, was kann man tun?

Mein Rat: Machen Sie Ihren Nachwuchs zum Kinderreporter. Lassen Sie sich einmal pro Woche „interviewen“ und geben einfache Antworten – so, dass auch Ihr Sprössling sie versteht. Gerade zu Beginn eine ganz schöne Herausforderung. Allerdings eine, die Ihnen viele Menschen langfristig danken werden. Und wenn Ihre Nerven besonders dick sind: Nehmen Sie beim Interview mit dem Nachwuchs doch Ihren (Ehe-)Partner als Schiedsrichter hinzu.

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