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Gastbeitrags-Serie „Kommunikation und Recht“

In unserer Gastbeitrags-Serie „Kommunikation und Recht“ berichten erfahrene Juristen exklusiv für unsere Leser über die Herausforderung, öffentlich gut zu kommunizieren und geben dazu wertvolle Tipps.

Diesmal: Die langjährige Bundesjustiz- und Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries.

„Stille Post“

Von Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie a.D.

Dass die Antwort nicht zur Frage passt, kennt man als rhetorischen Trick medienerfahrener Redner (Ulrich Wickert: „Sie haben meine Frage jetzt aber nicht beantwortet.“ Angela Merkel: „Ja.“).

Brigitte Zypries

Es gibt das Phänomen aber nicht nur beim wohl kalkulierten Hakenschlagen, sondern auch als ganz unabsichtliches Kommunikationsmalheur. Deshalb lasse ich mir Wortlautinterviews immer vorlegen – und würde das auch jedem raten.

In der Regel ist das auch gar kein Problem, da es ohnehin gute journalistische Praxis ist, dem oder der Befragten die Endfassung wörtlicher Zitate vor Veröffentlichung zu zeigen. Schließlich ist der Text, der für die Veröffentlichung vorgesehen ist, so gut wie nie eins zu eins das, was gesagt worden ist. In kaum einem Fall gibt das Gedruckte das stattgefundene Gespräch wieder. Und das ist auch ganz normal: Interviewsituationen sind sehr unterschiedlich und es fehlen in der Transkription öfter zu viele Elemente des Gesprächs, als dass man das Gesagte völlig unverändert stehen lassen könnte. Deshalb bearbeiten Journalisten in der Regel den Interviewtext, glätten sprachlich, stellen Passagen um oder lassen etwas aus. All das nicht um etwas zu verschleiern, sondern, im Gegenteil, um zu verdeutlichen, einen Text lesbar zu machen und spannend zu halten. Texte sind eher gebaute Gebilde als natürlich gewachsene Pflanzen.

Von der Praxis der Autorisierung von Zitaten profitieren alle Seiten – denn es geht darum, verstanden zu werden. Meine Sorge ist nicht, dass etwas geschrieben wird, das versehentlich gesagt wurde aber „geheim“ bleiben sollte, sondern: dass der Gesprächspartner es falsch verstanden hat oder ihm die Kenntnisse fehlen, es richtig einzuordnen und wiederzugeben. Es nützt niemandem, weder mir noch dem Journalisten, dem Blatt oder dem Leser, wenn am Ende etwas sachlich nicht Korrektes da steht. Und das geschieht leider sehr schnell einmal, gerade, wenn im Interview auch komplexere Fachthemen besprochen werden. Und ein wörtliches „Zitat“, egal wie falsch, lässt sich kaum mehr zurückholen, wenn es erst einmal in der Welt ist.

Die jeweiligen Regeln der Kommunikation zu akzeptieren ist eine Frage der Professionalität – und außerdem auch des gegenseitigen Respekts und Vertrauens. Es kommt deshalb selten vor, aber ich habe es schon erlebt: Die Antwort „Das machen wir grundsätzlich nicht“, als ich um Autorisierung der wörtlichen Zitate bat. In dem Fall sind wir allerdings nicht zusammengekommen – ein Interview gab es nicht, der Text musste sich mit indirekter Rede begnügen.

Manchmal ist übrigens auch ganz einfach Zurückhaltung angezeigt. Denn nicht alle Presse ist gute Presse – das Senden um jeden Preis ist ein veralteter Ratschlag. Damit meine ich nicht, dass Politiker nicht über ihre Arbeit reden sollen. Im Gegenteil: Das müssen sie, es ist unsere Aufgabe, Politik nicht nur zu machen sondern sie auch zu erklären. Aber: Nicht jedes Interview dient diesem hohen Ziel.

Daher mein zweiter Rat: Nicht zu allem sofort seinen Senf dazutun – und mal auch kein Interview geben. Schweigen ist auch eine Spielart der Kommunikation.

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