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April 2015

Bremsklotz statt Impulsgeber

Die „Revolution im Gerichtssaal“ (Handelsblatt) bleibt aus. Der Deutsche Juristen­tag hat im September ein Zeichen gesetzt: nicht für, sondern gegen mehr Öffentlichkeit in Straf­verfahren. Eine Einordnung von Martin Wohlrabe im PR-Magazin

Die Ernüchterung kam spät, aber gewaltig. Zwei Tage diskutierte der Deutsche Juristen­tag intensiv zur „Öffentlichkeit im Straf­verfahren“. Ein wichtiges Thema – nicht nur für die PR, sondern auch für die Juristen. Viele beherzte Beiträge, teils neue Impulse und am Ende? Kaum Bereit­schaft, der sich ändernden Medien­welt zu öffnen. Das Ergebnis, knapp zusammen­gefasst: Künftig sollen Kameras an Bundes­gerichten filmen dürfen. Dies entspricht ziemlich genau dem verabschiedeten Gesetz­entwurf der Bundes­regierung. Aufnahmen an anderen Gerichten? Über­tragung in weitere Sitzungs­säle? Gar echte Live-Übertragungen? Fehlanzeige. Ein enttäuschendes Ergebnis, denn wieder einmal wurde die Chance vertan, ein Zeichen für mehr Öffentlichkeit und damit Transparenz zu setzen.

Doch wie so häufig: Wo Schatten, da auch Licht – und damit aus PR-Sicht gute Nachrichten: Im Ermittlungs­verfahren (also der Phase vor der Haupt­verhandlung) sollen Beschuldigte durch ein­heitliche Gesetze besser geschützt werden. Bislang sind hier die Möglichkeiten der Staats­anwaltschaft sich zu äußern ein Gesetzes-Flicken­teppich. Der Plan jetzt: Künftig dürfen personen­bezogene Aus­künfte nur nach Ein­willigung erteilt werden oder wenn sich der Beschuldigte selbst zu erkennen gegeben hat. Dies ist eine gute, eine richtige Entscheidung: Denn: Noch immer erleiden vermeintliche Straf­täter viel zu häufig bereits zu Beginn einen kaum wiedergut­zumachenden Reputations­verlust. Im Ermittlungs­verfahren genießt die Staats­anwaltschaft als Herrin des Verfahrens das besondere Vertrauen der Öffentlichkeit. Und dies wird teils bedenklich eingesetzt. Ein Beispiel: Regel­mäßigen Hintergrund­runden der Ankläger sind mittlerweile viel zu häufig Regel statt Aus­nahme. Hier setzt der Juristen­tag daher an einem wichtigen Punkt an. Insgesamt lässt sich jedoch leider ernüchternd fest­stellen: Anstatt Impuls­geber zu sein, hat sich das Parlament der Juristen diesmal als Brems­klotz gezeigt. In Zeiten, in der sich die Medien­welt schneller denn je entwickelt, kein glückliches Zeichen.

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