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Gastbeitrags-Serie „Kommunikation und Recht“

In unserer Gastbeitrags-Serie „Kommunikation und Recht“ berichten erfahrene Juristen über die Herausforderung, öffentlich gut zu kommunizieren.

Diesmal: Dr. Wolfgang Schäuble. Er ist seit 1972 Mitglied des Bundestages und damit der dienstälteste Abgeordnete der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2009 ist Schäuble Bundesminister der Finanzen.

Kommunikation in einer komplexen Welt

Von Dr. Wolfgang Schäuble MdB

 

Gute Kommunikation ist immer wichtig – derzeit aber vielleicht wichtiger denn je. Gute Kommunikation kann viel beitragen zu einer konstruktiven und rationalen politischen Kultur, die uns gerade etwas verloren zu gehen scheint. Es ist nicht nur Amerika. Die gesellschaftlichen Debatten sind überall im Westen in einem besorgniserregenden Zustand. Vieles kommt zusammen, reale Probleme und getrübte Wahrnehmungen. Real sind wirtschaftliche Schwäche und Migrationsdruck, die rasenden Veränderungen durch Globalisierung und Digitalisierung, die Widerstand erfahren, zumal in älter werdenden Gesellschaften. Hinzu kommen Verschwörungstheorien von einer Herrschaft der Technokraten, Lobbyisten und Medien, eine stärker werdende allgemeine Eliten-Verachtung und die zunehmende Selbsteinschätzung, Selbst-Überschätzung, man selbst wäre jedenfalls der bessere Politiker. Das alles wird geweckt und genährt im Netz, in den sozialen Medien, an denen schon lange nicht mehr vor allem die Vielfalt von Meinungen und Lektüren in Blogs und Foren begeistert, sondern zunehmend die Einfalt von Meinungsblasen, die abgeschotteten Welten Gleichgesinnter beunruhigen, die man sich schafft und dann aufsucht zur Selbstbestätigung. Populistisch-demagogische Bewegungen sind von dieser Kommunikation Folge und Ursache zugleich.

Dr. Wolfgang Schäuble MdB
Dr. Wolfgang Schäuble

Die realen Probleme, wirtschaftliche, migrationspolitische, können, müssen wir lösen. Aber was tut man gegen getrübte Wahrnehmungen? Vor allem müssen die, denen unsere politische Kultur am Herzen liegt, verantwortungsbewusster kommunizieren. Wir brauchen eine neue Übereinkunft zwischen all denen, die sich an den gesellschaftlichen Debatten beteiligen – ob im Parlament, in den Medien, allgemein in der Öffentlichkeit oder mit einem schnellen Kommentar im Netz: nämlich die Bereitschaft, sich der Komplexität dieser Welt des 21. Jahrhunderts zu stellen, sie auszuhalten und sie in den eigenen Beiträgen und Urteilen zu berücksichtigen. Nötig ist eine Bereitschaft, die Vielfalt der legitimen Interessen und Blickwinkel in dieser Welt anzuerkennen. Wir brauchen mehr Demut und Selbst-Relativierung. Es geht darum, in der Kommunikation – bei aller notwendigen Vereinfachung – die Substanz nicht zu verfälschen. Die Komplexitätsreduktion nicht bis ins Extreme zu treiben – diese Redlichkeit sollte alle Kommunikation üben.

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